Weidenrinde – natürliches Band für kleine Rankgerüste
Wenn wir im Frühjahr durch den Garten oder unser Kindergartengelände streifen, gibt es immer wieder Stellen, die sich wunderbar für ein kleines Rankgerüst eignen. Vielleicht ein Stab für die Tomate im Kübel? Eine Rankhilfe für die Himbeere am Zaun? Oder einfach ein kreatives Flechtwerk für wilde Kletterpflanzen? Solche Stützen lassen sich ganz wunderbar aus gesammelten Ästen und biegsamen Weidenruten bauen – und das Schönste: Zum Befestigen brauchst du keinen Draht oder Plastik! Mit abgeschälter Weidenrinde kannst du die Äste einfach und sicher zusammenbinden – ganz ohne Müll, ganz ohne Chemie. Und das Beste: Die Kinder können dabei mithelfen und lernen ganz nebenbei, wie wertvoll natürliche Materialien sind.
Rinde abschälen – mit Messer oder Sparschäler
Unsere Kinder lieben diese Arbeit! Am liebsten sitzen sie auf einem sonnigen Baumstamm, ein bisschen wie früher auf dem Dorf, wenn man gemeinsam „tüddelte“ und sich Geschichten erzählte. Je nach Alter kannst du den Kindern kleine Schnitzmesser geben – oder einen ganz normalen Sparschäler aus der Küche. Mit dem klappt das Schälen erstaunlich gut, und auch jüngere Kinder bekommen damit ein Erfolgserlebnis.
Die langen, biegsamen Streifen der Weidenrinde rollen sich manchmal von selbst ein wie kleine Schnecken und duftet dabei sogar ein bisschen nach Gurke oder Melone. Manchmal sind sie ganz zart hellgrün, manchmal bräunlich – je nachdem, wann und wo du die Weide schneidest.
Vom Weidenzweig zum Pflanzenhelfer
Für unsere kleinen Gerüste verwenden wir meist gesammelte Äste – am besten frisch geschnitten, damit sie sich noch gut biegen lassen. Zwei, drei Stäbe zusammengesteckt, mit Rindenstreifen fixiert – schon steht ein kleines Tipi-Gerüst für die Zuckererbse, Tomaten oder die wilden bunten Wicken.
Auch eine Art Mini-Zelt für Sonnenblumen kannst du damit basteln oder ein Spalier für Bohnen. Die Kinder helfen beim Zusammenbinden, halten die Zweige fest, schlingen die Weidenrinde darum, manchmal braucht es auch vier Hände – aber genau das ist ja das Schöne daran. Man schnackt, hilft sich gegenseitig und am Ende steht da etwas Selbstgebautes im Garten, das bleibt.
Tipp aus der Praxis
Leg die abgeschälte Rinde am besten direkt in einen Eimer mit Wasser. So bleibt sie schön weich und geschmeidig. An der Luft trocknet sie nämlich ziemlich schnell aus und wird hart – dann lässt sie sich nicht mehr so gut verarbeiten. Wenn du sie ein paar Tage aufheben möchtest, hilft es, sie im feuchten Tuch einzuwickeln oder im Wasser zu lassen. Dann täglich das Wasser wechseln, denn es wird zunehmend bräunlich - auch eine spannende Entdeckung für Kinder!
Gemeinsam werkeln, Natur erleben
Diese Aktion ist nicht nur nachhaltig, sondern auch eine richtig schöne Gemeinschaftsidee für den Kindergarten. Wenn ein paar Kinder anfangen zu schälen, wollen meistens sofort alle mitmachen. Es hat fast etwas Meditatives, dieses Schälen und Schnacken – und am Ende ist da nicht nur ein Gerüst, sondern oft auch ein zufriedenes Strahlen in den Gesichtern.
Denn Kinder spüren ganz genau, wann etwas Sinn ergibt. Sie sehen: „Das hab ich gebaut – und jetzt rankt da meine Pflanze dran!“ Das ist ein echtes Erfolgserlebnis, das bleibt. Und du wirst sehen – beim nächsten Weidenrückschnitt heißt es dann bestimmt: „Darf ich wieder Rinde abschälen?“
Gut zu wissen
Weiden sind heimische Bäume, die sich hervorragend zum Schälen eignen – besonders im Frühling, wenn der Saft steigt. Achte aber bitte darauf, keine Weiden in der Brutzeit der Vögel zu schneiden. Am besten nutzt du Rückschnittmaterial aus dem eigenen Garten oder von Hecken am Wegesrand, die ohnehin gekürzt werden müssen. So schonst du die Natur und nutzt, was sowieso anfällt.
In dieser Tätigkeit steckt so viel
- Geduld und Ausdauer: Nicht jede Rinde löst sich sofort – aber wer dranbleibt, wird belohnt!
- Feinmotorik und Handgeschick: Das Schälen, Wickeln und Binden trainiert Fingerkraft und Fingerfertigkeit.
- Sicherer Umgang mit Werkzeugen: Ob Sparschäler oder Schnitzmesser – wer lernt, sorgfältig damit umzugehen, wird sicherer und selbstbewusster.
- Teamarbeit und Kommunikation: Wenn zwei die Äste halten und einer tüddelt, ist echte Zusammenarbeit gefragt – mit viel „Mach du mal so!“ und „Ich halt fest!“
- Nachhaltiges Denken: Kinder erleben hautnah, dass die Natur alles bereithält – ganz ohne Plastik oder Wegwerf-Müll.
- Stolz auf das eigene Tun: Ein selbstgebautes Rankgerüst ist kein Spielzeug von der Stange – es ist ein echtes Werkstück, auf das Kinder mit leuchtenden Augen zeigen: „Das habe ich gemacht!“
Lust auf eine passende Geschichte?
Eine kleine Geschichte rund um die Verwendung von Weidenrinde ist perfekt, um die Fantasie der Kinder anzuregen, bevor man loslegt, oder, wenn sie gerade selbst tüddeln und werkeln. Hier für euch eine Mini-Geschichte von einen Indianerjungen namens Kleine Feder, die du wunderbar beim Schälen und Binden mit Weidenrinde erzählen kannst:
Die Geschichte von Kleine Feder und der gerissenen Schnur
Vor langer, langer Zeit – als noch keine Autos durch die Welt ratterten und es keine Plastikseile gab – lebte ein Indianerjunge namens Kleine Feder mit seinem Stamm am großen Fluss.
Kleine Feder war neugierig, mutig und immer ein bisschen wild. Am liebsten baute er Bögen, Flitzspeere und kleine Boote aus Holz. Eines Tages wollte er einen neuen Fangkorb für Fische flechten. Doch oh weh – seine letzte Schnur war gerissen! Ohne Schnur kein Korb, ohne Korb kein Fisch – und ohne Fisch kein Abendessen.
Er lief zu seinem Großvater, dem alten Graubart, der schon viele Sommer und Winter erlebt hatte.
„Großvater“, rief Kleine Feder aufgeregt, „ich brauche eine neue Schnur – aber ich habe keine mehr!“
Der alte Mann lächelte und zeigte auf eine große Weide am Flussufer. „Siehst du diesen Baum dort? Die Weide schenkt uns nicht nur Zweige für unsere Pfeile – sie trägt auch eine Haut, die stark und biegsam ist. Ihre Rinde wird zu deiner Schnur.“
Kleine Feder staunte. Noch nie hatte er eine Baumrinde als Schnur benutzt! Der Großvater zeigte ihm, wie man mit einem scharfen Stein oder Messer die Rinde löst, sie in einem Wassergefäß einweicht und dann zu langen, geschmeidigen Schnüren flechtet.
„Wenn du sie mit Geduld abziehst“, sagte der Großvater, „schenkt dir die Weide das beste Band, das du dir vorstellen kannst.“
Und so saß Kleine Feder am Fluss, zog langsam die Rinde ab und ließ sie im Wasser schwimmen, bis sie ganz weich war. Dann band er damit sein Korbgestell fest – und siehe da: Es hielt sogar besser als mit seiner alten Schnur.
Seitdem hatte Kleine Feder immer ein paar Streifen Weidenrinde in seiner Tasche. Und jedes Mal, wenn etwas kaputtging, wusste er genau, woher er Hilfe bekam – von seiner grünen Freundin, der Weide am Fluss.
Diese kleine Geschichte kannst du einfach beim Werkeln erzählen – vielleicht mit einer echten „Freundschafts-Weide“ in der Nähe, die die Kinder besuchen dürfen. So entsteht nicht nur ein kreatives Projekt, sondern auch eine bleibende Verbindung zur Natur!
Wie die Weide von unseren Vorfahren clever genutzt wurde
Früher haben die Menschen mit Weidenrinde Schuhe geflickt oder Körbe repariert. Die Rinde war wie eine natürliche „Schnur“, die man einfach aus der Natur holen konnte.
Auch beim Bogenbauen war Weidenrinde im Einsatz! Sie wurde genutzt, um Sehnen oder Teile des Bogens festzubinden – ganz ohne Metall oder Plastik, nur mit Pflanzenkraft.
In der Weidenrinde steckt ein natürlicher Wirkstoff namens Salicin – daraus wurde später sogar Aspirin entwickelt!
Schon vor vielen hundert Jahren haben Menschen bei Kopfschmerzen oder Fieber auf einem Stück Weidenrinde gekaut.
Die Natur ist eben die älteste Apotheke der Welt!
Weide wurde früher auch zum Zäune bauen benutzt – sogenannte Flechtzäune. Damit hielten die Menschen ihre Schafe und Hühner auf der Wiese zusammen – ganz ohne Nägel oder Metall.
Fazit: Kleine Hände, große Wirkung
Wenn Kinder mit Weidenrinde tüddeln, schälen, schnacken und werkeln, passiert so viel mehr als nur das Bauen eines Rankgerüsts. Sie erleben, wie aus einfachen Naturmaterialien etwas Nützliches entsteht, das im Garten eine echte Funktion hat. Sie lernen mit ihren Händen, sie arbeiten gemeinsam – und am Ende steht da etwas, das bleibt.
Die Weide schenkt uns nicht nur ihre biegsamen Zweige samt Rinde, sondern auch eine Verbindung zur Vergangenheit, zur Handwerkskunst, zur Natur. Und genau das spüren Kinder: Dass sie mit ihren Händen etwas Sinnvolles schaffen können. Ganz ohne Plastik, ohne Batterien – nur mit Rinde, Zeit und einem kleinen Funken Neugier.
Solche Aktionen bleiben im Herzen. Und wer einmal stolz ein Pflänzchen an sein selbstgebundenes Gerüst gelehnt hat, wird beim nächsten Spaziergang durch die Natur mit ganz neuen Augen schauen.