Erinnerst du dich auch noch daran, wie spannend es als Kind war mit dem Feuer zu spielen!?
- Die Mutprobe, mit einem angeleckten Zeigefinger durch eine Kerzenflamme zu ziehen!
- Den weichen Rand einer Kerze nach innen zu biegen.
- Streichhölzer zünden und Wunderkerzen kreisen lassen.
- Kokeln am Lagerfeuer!
Feuer ist ein Element, dass Menschen seit Urzeiten begleitet und fasziniert!
In früherer Pädagogik galt lange das Sprichwort „Messer, Gabel, Schere, Licht sind für kleine Kinder nicht!“ Und auch heute trauen sich viele Erzieherinnen nicht an dieses Thema heran – oft aus Angst, dass etwas passieren könne oder aus Unsicherheit, weil man das Element Feuer vielleicht noch nie selbst jenseits seiner eigenen Kindheit als etwas zutiefst befriedigendes und verbindendes erlebt hat.
Das Element Feuer bietet einen wichtigen Erfahrungsschatz!
Das Feuermachen nach alter Tradition bietet eine enorme Vielfalt an pädagogisch wertvollen Erfahrungen! Leider haben Kindern in unserer Zeit weder in Kindergärten, noch in der Schule kaum die Möglichkeit durch genaues Beobachten und Nachahmen in einem sicheren und entspannten Umfeld ein eigenes Feuer zu entfachen! Auch im Elternhaus überlässt man das besser den Erwachsenen. „Viel zu gefährlich!“ ist oft der Grund, warum man selbst auch einen großen Bogen um dieses Thema macht.
Jungs brauchen besondere Herausforderungen!
Im letzten Kindergartenjahr sehnen sich viele Jungen nach dem Gefühl wichtig und mutig zu sein, sowie körperlichen Grenzerfahrungen.
Natürlich möchte ich die Mädchen nicht ausschließen, aber der pädagogische Alltag zeigt mir seit über 20 Jahren, dass es oft die Jungen sind, die im Miteinander lauter und manchmal auch „ruppiger“ sind. Sie fühlen sich oft unterfordert, möchten Verantwortung für etwas Wichtiges übernehmen, sich körperlich mehr spüren und mit sinnvollen (!) Herausforderungen konfrontiert werden.
Das liegt auch daran, dass sie gerade in den ersten Jahren sehr viel Zeit mit Frauen verbringen (Mutter, Erzieherinnen), die von Natur aus eher umsorgender und ängstlicher sind als viele Männer.
Männer als Vorbilder fehlen oft – sei es, dass die Väter oft arbeiten und wenig zu Hause sind oder dass die Jungen aufgrund einer Trennung die meiste Zeit bei der Mutter wohnen und es nur wenig Kontakt zum Vater gibt. Natürlich gibt es auch Familien, in denen es ganz prima und ausgeglichen läuft, aber aus meiner Erfahrung sind das eher die Ausnahmen!
Hormonanstieg? Alles Quatsch!
Hartnäckig hält sich in der Pädagogik ein Gerücht, dass ein plötzlicher Hormonanstieg bei Jungen im Vorschulalter für ein lebendigeres und anstrengendes Verhalten verantwortlich sei, aber dieses Gerücht ist nirgendwo belegt, so Hormonspezialist Dr. Oliver Blankenstein von der Charite.
In unserer Waldgruppe unterscheiden wir drei Arten des Feuers:
- Kochfeuer
- Wärmefeuer
- Kokel-und Spielfeuer
Beim Koch- und Wärmefeuer hüten die Kinder mit der Großmutter nach klaren Regeln das Feuer, legen Holz nach und weder Äste, noch Grünes darf hineingelegt werden.
Beim Kokel- und Spielfeuer darf experimentiert und gekokelt werden: Schnee im Topf schmelzen, „Suppe“ kochen, Naturmaterialien wie Zapfen, Blätter, Ästchen, Moos, Blätter, Sand… ins Feuer geben, Stöcke ankokeln und rauchen lassen – wow! Kinderaugen leuchten!
Zuschauen, miterleben, nachahmen!
In unserer Gruppe erlernen die Kinder durch Zuschauen, Miterleben und Nachahmung, wie man ein Feuer entzünden kann: Mit Streichhölzern, Feuerstein und Magnesiumstahl wird ein Funken erzeugt auf einem geeigneten Untergrund, der nicht brennbar ist. Die Kinder wissen um die Gefahren, denn sie erleben hautnah und unmittelbar, welche Hitze schon eine kleine Flamme entwickeln kann.
Aber nun zu unseren beiden „Wilden Kerlen“, die neulich ganz alleine (!) ein Spielfeuer entzünden wollten:
Mit der Gruppe haben wir besprochen, dass die beiden heute ein Spiel-Feuer für Kokelsuppe machen wollen und dann fragten wir sie, was sie denn dazu bräuchten. Die kleinen Köpfe „rauchten“ vor Begeisterung und Überlegen! Mit vereinten Kräften holten sie unsere Feuerkiste, die alles enthält, was man braucht. Sonst beim Aufräumen hört man von ihnen schnell ein „keine Lust“, „zu schwer“, „mach ich nicht“ usw., aber jetzt hatte sie wortwörtlich Feuer gefangen und man spürte ihre Begeisterung.
Wie oben auf den Bildern zu sehen ist, musste zuerst ein „Feuerbettchen“ aus passenden Holzscheiten in der Feuerschale gebaut werden, in das später das brennende „Feuerkind“ gegeben wurde.
All das haben sie oft miterlebt und nun überlegten sie gemeinsam, wie alles vorbereitet werden musste. Aus der Holzkiste holten die beiden Jungs sich zuerst Tonuntersetzer, die als feuerfeste Unterlagen dienten. Darauf kam „Nestmaterial“ wie trockenes Gras.
Wir Erwachsenen ahnten schon, dass alleine das Gras zu wenig Material wäre, aber wir ließen sie gewähren. Eine spannende Mischung aus purem Aktionismus und Überlegung begleitete ihr Tun. Wenn aber nur eine Sache fehlt, gelingt das Feuermachen nicht.
Mit Hilfe eines Magnesiumstabes rieben sie einen Feuerfunken auf ein zurecht gelegtes „Läppchen“, ein schwarzverkohltes Stückchen Baumwollstoff, das den Funken einfängt und glühen lässt. Einer der Jungen nahm das Grasnest in beide Hände und pustete vorsichtig den glühenden Funken an, auf dass dieser das Gras entzünden sollte.
Als beim ersten Versuch seine Finger zu heiß wurden, machte er kein Drama daraus, sondern schüttelte seine Hände, verzog einmal das Gesicht und versuchte es zum zweiten Mal. Als dann auch noch das erste Nest trüb rauchend erlosch, gab es jedoch nur ein kurzes „Frustmaulen“ und sofort wurde der zweite Versuch gestartet, diesmal etwas überlegter.
Als Erwachsene waren wir nicht "Schuld", als der erste Versuch scheiterte, denn die Natur war es, die die Antwort gab!
Eine sehr wichtige „Feuerzutat“ fehlte: Ganz feine abgezogene Birkenrinde, so dünn wie Papier. Der zweite Versuch glückte dann und unsere zwei „Wilden Kerle“ waren sichtlich stolz und zufrieden auf ihre Arbeit! Die ganze Aktion dauerte vielleicht eine halbe Stunde, in der die beiden ein Ziel verfolgten und begeistert bei der Sache waren.
Nun „fütterten“ sie ihr „Feuerkind“ mit groberen Materialien: Dünne trockene Äste, weitere Birkenrinde und kleine Holzscheite, die wir einen Tag zuvor mit den Kindern gehackt hatten. Fast hatten sie ihre „Suppenküche“ vergessen, denn der Hunger machte sich breit und es wurde erst einmal am selbst entzündeten Feuer gefrühstückt!
In dieser Tätigkeit steckt so viel
- Konzentration
- Auge-Hand-Koordination
- Feinmotorik
- Mut
- Verantwortung
- Ausdauer
- Geduld
- Frustrationstoleranz
- Abenteuergeist
- Auf sich stolz sein
Bringe das Element Feuer in den Kindergarten
Ich möchte dich einfach ermutigen, wenn du es dir zutraust, das Element Feuer im Kindergarten erlebbar zu machen – vielleicht zunächst auch nur in einem kleinen Rahmen. Sicherheitsvorkehrungen wie Löschwasser in unmittelbarer Nähe in Form eines gefüllten Wassereimers oder einer Gießkanne ist natürlich eine wichtige Vorkehrung!
Aus eigener langjähriger Erfahrung kann ich dir nur Mut machen, denn die Fähigkeit Feuer zu machen ist eine zutiefst menschliche, die Groß und Klein fasziniert und viele bedeutsamen Erfahrungen stecken in ihr! Vielleicht probierst du es erst einmal ganz für dich aus, um dich nach und nach ranzutasten.
Viele Kindergärten verbannen das Feuer aus ihrem pädagogischen Alltag: Kerzen werden nicht mehr mit Streichhölzern entzündet und beim herbstlichen Martinsabend leuchten zunehmend batteriebetriebene Glühbirnen leblos und unnatürlich in selbstgebastelten Laternen.
Dabei ist es für Kinder eine sooooo wertvolle Erfahrung, mit Vorsicht und Achtung das eigene Licht zu hüten!